Landwirtschaftsreifen

Was sind die Besonderheiten und wie wählt man den richtigen Reifen aus?

Die moderne Landwirtschaft ist geprägt von Intensivierung, Mechanisierung und Spezialisierung. Das romantische Bild des Landwirts, der mit der Bewirtschaftung eigener Ackerflächen und Viehhaltung den Lebensunterhalt für seine Familie bestreitet, steht in der modernen Agrarindustrie hochtechnisierten und spezialisierten Großbetrieben gegenüber, die eher Fabriken ähneln als einem Bauernhof. Alle Agrarbetriebe haben jedoch auch heutzutage eines gemeinsam: sie benötigen und betreiben verschiedenste Maschinen, um Ihre Arbeit zu verrichten, Effizienz und Ertrag zu steigern und wettbewerbsfähig zu sein. Das gilt für den konventionellen Betrieb genauso wie für Biohöfe und für Lohnunternehmen, große Produktionsgenossenschaften oder energieerzeugende Biogasanlagen.


Und auch diese immer größer, schwerer und auch teurer werdenden landwirtschaftlichen Maschinen haben eine Gemeinsamkeit: fast alle benötigen Reifen. Die Anforderungen an Landwirtschaftsreifen waren aufgrund sehr unterschiedlicher Bodenbeschaffenheiten, Maschinentypen und Arbeitsgeschwindigkeiten schon immer sehr breit gefächert und die Herausforderungen und Ansprüche an „den Reifen“ in der Landwirtschaft steigen fortwährend. Die Landwirtschaft ist durch den technischen Fortschritt getrieben und dies schließt auch den Reifen als Bindeglied zwischen Maschine und Untergrund ausdrücklich mit ein.


Die Konstruktion eines Reifens -egal für welchen Einsatzzweck- muss verschiedene Zielkonflikte vereinen und so stellt das Endprodukt einen Kompromiss dar aus Haltbarkeit, Tragfähigkeit, Wirtschaftlichkeit/Kosten, Fahrkomfort und vielen weiteren Eigenschaften. Zu den besonderen Herausforderungen in der Land- und auch der Forstwirtschaft zählt jedoch -anders als z.B. bei Reifen, die im Baustellenbetrieb Verwendung finden- das Thema Bodenschonung: der zu befahrende Untergrund soll möglichst wenig verdichtet und Pflanzen oder deren Saatbett geringstmöglich beeinträchtigt werden. Dabei soll die Maschine immer schwerere Lasten bewegen, eine hohe Traktion auf den Boden bringen und die Arbeiten möglichst präzise und effizient verrichten. Wer sich diese Zielkonflikte vor Augen führt, versteht die Anforderungen, die heute an Landwirtschaftsreifen gestellt werden und wie wichtig die Auswahl des richtigen Reifens für den Erfolg ist. Dazu kommt: vor allem Lohnunternehmen entwickeln sich mehr und mehr auch zu Transportunternehmen, die z.B. auch die Bauwirtschaft mit ihren Fahrzeugen unterstützen oder die Nährstoffe wie Gülle und Mist vom Entstehungs- zum Einsatzort verbringen. Das geschieht auf immer längeren Wegen, die immer schneller und komfortabler zurückgelegt werden sollen.


Auf den Punkt gebracht: alle Landwirte und Lohnunternehmer benötigen Reifen. Und sie benötigen die richtigen Reifen, um auch angesichts eines hohen Kosten- und Wettbewerbsdrucks erfolgreich wirtschaften zu können. Zur erfolgreichen Auswahl des richtigen Reifens soll dieser Text beitragen, indem er einen Überblick über verschiedene Fahrzeug- und Reifentypen gibt und die Kriterien benennt, auf die es bei der Auswahl ankommt.


Eines der wichtigsten Kriterien ist fast immer auch der Preis von Reifen, bzw. deren Preis-/Leistungsverhältnis. Jährliche Reifenkosten von über 50.000€ sind bei Lohnunternehmen keine Seltenheit und so ist das runde Verschleißteil schon bei seiner Anschaffung ein wichtiger Faktor der über die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen mitentscheidet. Die Leistung von Agrarreifen kommt dann im Einsatz zum Tragen, nämlich wenn die Maschine ihre Arbeit möglichst schlagkräftig, frei von Störungen oder Ausfällen und mit niedrigen Dieselkosten verrichten kann. ML Reifen als Spezialist für Agrarreifen möchte bei der Auswahl des richtigen Reifens unterstützen, denn weder der teuerste, noch der billigste Reifen muss zwingend die beste Wahl für den jeweiligen Einsatzzweck sein. ML Reifen bietet mit seinen Marken Leao, Ascenso und Vredestein sinnvolle und preislich interessante Optionen für sehr viele Anwendungszwecke und eine Vielzahl von landwirtschaftlichen Fahrzeugen.


Nachfolgend finden Sie eine Auswahl an Agrarmaschinen, Erläuterungen zu den zugehörigen Reifentypen und worauf es bei deren Wahl ankommt. Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, dafür ist die Vielfalt an Agrarmaschinen und -reifen zu groß.


Schlepper

Traktor, Ackerschlepper, Forstschlepper, Oldtimer, Dieselross, süddt. auch Bulldog
Leao radial: LR861, LR700, LR650, LR7000, LR8000, LR9000
Ascenso radial: TDR850, TDR700, TDR650, TDR800, TDR900, XLR880
Ascenso diagonal: TSB110, TSB111, TDB120


Der Schlepper ist sicherlich die bekannteste und verbreitetste Landmaschine, denn er ist extrem vielseitig einsetzbar: Er zieht, transportiert, treibt verschiedenste Anbaugeräte an, hebt Lasten und -manchmal seltene und häufig liebevoll restaurierte- Oldtimer erfreuen Ihre Besitzer auch mal bei Ausfahrten am Wochenende. Schlepper gibt es in den verschiedensten Größen-, Gewichts- und Leistungsklassen und entsprechend weit gefächert ist auch das Angebot an Schlepperreifen. Diese reichen vom klassischen AS (Ackerstollen-) Profil über Kommunalreifen bis hin zu spezieller Straßenbereifung, auch Mischformen sind mittlerweile erhältlich. Für Oldtimer Trecker sind Diagonalreifen immer noch sehr gefragt und im Forstbereich finden diese -aufgrund von Stabilitätsvorteilen speziell im Flankenbereich- ebenfalls noch Anwendung. Allgemein sind radiale Reifen auf Traktoren jedoch die gängigere Bauart, die sich durch eine größere Auswahl, höhere Tragfähigkeiten, längere Haltbarkeit und besseres Fahrverhalten auszeichnet. Moderne Agrarreifen ermöglichen auch sehr großen Gespannen hohe Geschwindigkeiten von 65km/h und mehr. Manche Reifen erlauben durch eine spezielle Konstruktion der Karkasse den Betrieb bei sehr niedrigen Luftdrücken, oder höhere Tragfähigkeiten bei üblichen Luftdrücken gegenüber Reifen in Standardbauweise. Der Betrieb mit niedrigem Luftdruck, bzw. generell große und breite Reifen haben den Vorteil einer vergrößerten Aufstandsfläche (auch „Reifenlatsch“ genannt). Nur mit dieser Aufstandsfläche lastet das gesamte Maschinengewicht auf dem Untergrund, wobei die Belastung pro cm² Boden mit einer Vergrößerung der Aufstandsfläche abnimmt. Und je geringer diese Belastung, desto geringer der Bodendruck, desto geringer die Bodenverdichtung und desto höher der Ertrag, z.B. weil Wasser besser in den Boden eindringen kann. Je weniger verdichtet der Untergrund ist, desto einfacher und effizienter ist auch die weitere Bodenbearbeitung möglich.


Schlepper können neben ihren Standardreifen häufig auch mit zusätzlichen oder alternativen Reifen/Rädern ausgerüstet werden, die Vorteile für spezielle Anwendungsfälle bieten: z.B. besondere Pflegeräder oder Zwillingsräder. Die Reifen- und Spurbreiten sind hierbei meist an die Abstände der zu bearbeitenden Reihenkulturen angepasst und erlauben somit deren schonendes Befahren. Zwillingsräder können aber auch beim Verdichten von Silagen zum Einsatz kommen oder immer dann, wenn zusätzliche Traktion, Aufstandsfläche oder Gewicht gefragt ist. Da der Schlepper mit verschiedensten Front- und Heckanbaugeräten, Anhängern, Frontladern etc. ausgerüstet werden kann, spielt die Ballastierung, also das gezielte Anbringen zusätzlicher Gewichte am Schlepper (vorne, hinten oder in den Rädern, ggf. auch durch die Befüllung der Reifen mit Wasser über ein spezielles Wasserfüllventil) eine Rolle im landwirtschaftlichen Arbeitsalltag. All dies gilt es bei der Auswahl der richtigen Reifen, der Einstellung des Luftdrucks und ggf. bei einer Umbereifung zu beachten.


Weiterhin sehr wichtig bei der Auswahl von Schlepperreifen: die richtigen Abrollumfänge, bzw. das sich daraus ergebende Übersetzungsverhältnis zwischen Vorder- und Hinterachse: moderne Schlepper sind mit Allradantrieben ausgestattet, die ein Übersetzungsverhältnis zwischen den vorderen und hinteren Rädern in einem rel. engen Bereich voraussetzen. Ideal ist hier eine Voreilung der Vorderräder (diese drehen sich minimal schneller als die hinteren) in einem bestimmten, vom Traktorenhersteller vorgegebenen Bereich, um Schäden am Antriebsstrang zu vermeiden, einen hohen Fahrkomfort und bestmögliche Fahreigenschaften zu gewährleisten und auch um die größtmögliche Anzahl an Betriebsstunden von jedem Reifen zu erhalten. Bei der Auswahl der richtigen Reifenpaarungen hilft der Fachhandel – Voraussetzung hierfür sind das Vorhandensein von korrekten Daten zu den Abmessungen der Reifen und deren Maßhaltigkeit. ML Reifen unterstützt den Fach- und Landmaschinenhandel natürlich gerne bei der Auswahl der richtigen Reifenpaarungen, bei Umbereifungen oder der Auswahl von Pflege-, bzw. Zwillingsrädern.


Jeder Anwender erwartet von seinen Reifen möglichst viele Betriebsstunden, einen ruhigen Lauf auch bei hohen Geschwindigkeiten auf der Straße, hohe Zugkraft bei gleichzeitig geringem Dieselverbrauch, hohe Widerstandsfähigkeit und gute Selbstreinigungseigenschaften – der Reifen wirft auf dem Acker aufgenommene lehmige Bodenbrocken idealerweise noch vor dem Befahren der Straße ab und verhindert so Bußgelder für den Landwirt, bzw. gefährliche Situationen für andere Verkehrsteilnehmer. Realisiert wird diese Eigenschaft bei viele Agrarreifen durch in unterschiedlichsten Formen ausgeführte Schmutzbrecher. Der Reifen soll bei all diesen Eigenschaften möglichst hohe Lasten tragen, schonend zum Boden sein, in der Anschaffung preisgünstig und in der Verwendung wirtschaftlich sein.


Erntemaschinen

Mähdrescher, Feldhäcksler
Leao radial: LR8000

Die genannten Erntemaschinen ernten und verarbeiten (dreschen oder häckseln) komplette Pflanzen in einem Durchgang direkt auf dem Feld. Dabei können Sie die Ernte in eigenen Tanks zwischenlagern oder direkt an Begleitfahrzeuge überladen. Es handelt sich um hoch komplexe und teure Maschinen, die saisonal eingesetzt werden und die daher sehr zuverlässig funktionieren müssen. Die (zumeist radiale) Bereifung zeichnet sich durch hohe Tragfähigkeiten und Robustheit aus. Die Profilierung der Reifen orientiert sich an der von Schleppern, da auch Drescher und Häcksler eine hohe Traktion benötigen und ebenfalls oft längere Strecken auf der Straße zurücklegen. Eine große Reifenaufstandsfläche ist auf dem Feld wünschenswert – einerseits zur Bodenschonung durch geringen Bodendruck, andererseits um zu starkes Einsinken der Maschine bei nassen Bedingungen zu verhindern. Oft sind diese Fahrzeuge bauartbedingt in der Breite am gesetzlich erlaubten Maximum angelangt und sie sind häufig mit Allradantrieben ausgestattet, was Umbereifungsmöglichkeiten stark eingrenzt.  


Anhänger 

Ladewagen, Dumper, Kipper, Ballenwagen, Überladewagen, Güllefass, Miststreuer, Abschiebewagen, Dolly, Hakenlift
Leao radial: FL300, AD702, MPT30, LBI301, ADM991, LLA38, T820
Ascenso diagonal: IMB160, IMB161, IMB162, IMB 163, FTB190
Ascenso radial: FTR170
Taifa diagonal: TP001


Kaum eine landwirtschaftliche Fahrzeugart ist so vielfältig wie Anhänger: vom einfachen Plattformwagen bis zum riesigen Güllefass -oft mit mehreren, teils lenkbaren, Achsen ausgestattet- ist hier alles vertreten und dazu gibt es noch Überschneidungen der Reifengrößen mit weiteren landwirtschaftlichen Geräten wie Schwadern, Ballenpressen, Futtermischwagen, Pflügen usw. 


Entsprechend vielfältig sind auch die benötigten Reifen: auch wenn landwirtschaftliche Anhänger nur selten über angetriebene Achsen verfügen, so kommt es hier dennoch häufig auch auf Traktion an, denn drehen sollen sich die Reifen auch unter widrigen Bedingungen. Wenn es danach wieder auf die Straße geht, sind gute Selbstreinigungseigenschaften der Reifen gefragt. Für kleinere/ältere Anhänger sind Implementreifen gebräuchlich, die in diagonalen und radialen Ausführungen mit Schlauch oder schlauchlos, in verschiedenen Tragfähigkeiten und diversen Profilvarianten von „glatt“ bis „grobstollig“ erhältlich sind. Die zumeist radialen Flotationreifen zeichnen sich dagegen meist durch größere Durchmesser, Breiten und niedrigere Luftdrücke aus, was einen geringen Bodendruck ermöglicht. Es gibt Varianten mit Stahlgürteln, was u.a. die Widerstandsfähigkeit erhöht – für den Einsatz auf Baustellen und schwer beladenen Muldenkippern ein echter Vorteil. Nicht wenige Reifen auf landwirtschaftlichen Anhängern stammen aus dem LKW-Bereich oder wurden von hier abgeleitet und ermöglichen daher Autobahngeschwindigkeiten. Als Zugmaschinen finden sich neben normalen LKW immer häufiger spezielle Agrotrucks, die eine höhere Geländegängigkeit aufweisen und so auch den Acker befahren können. Allen Anhängerreifen gemeinsam ist, dass ihre vorrangige Aufgabe der Transport ist: dafür müssen sie sehr belastbar und haltbar sein, sollen nicht unnötig Leistung (und damit Diesel) kosten und sicher und komfortabel hinter der ziehenden Maschine laufen. 


Lader

Kompaktlader, Telelader, Hoflader, Radlader
Leao radial: LR400, LR451
Ascenso diagonal: THB230
Ascenso radial: THR220


Wann immer in landwirtschaftlichen Betrieben Material, Futter, Stroh u.ä. zu bewegen, zu stapeln oder zu verteilen ist, kommt entweder der Frontlader am Schlepper oder ein Lader zum Einsatz. Letzteres ist eine Fahrzeugklasse, die sich in der Landwirtschaft aufgrund ihrer Vielseitigkeit längst etabliert hat. Es gibt sie von klein und wendig für den Einsatz in Ställen, bis zu schweren Radladern, die beim Silieren oder beim Materialnachschub in Biogasanlagen zum Einsatz kommen. So vielfältig wie die Fahrzeuge sein können, so unterschiedlich ist auch deren Bereifung. Eine Gemeinsamkeit besteht jedoch darin, dass schwere Lasten vor allem im Stand oder bei langsamen Geschwindigkeiten bewegt werden, weshalb sich die entsprechenden Reifen häufig durch sehr hohe Tragfähigkeiten bei niedrigen Geschwindigkeiten auszeichnen. Die Untergründe, auf denen sie zum Einsatz kommen, sind oft hart und somit sehr abrasiv zum Reifen (beispielsweise Betonplatten). Diesem Umstand tragen die Reifenhersteller durch besonders widerstandsfähige Gummimischungen, Stahlgürtel und entsprechend gestaltete Profile Rechnung. Doch auch die Traktion ist häufig eine gewünschte Eigenschaft von Laderreifen. Da es bei Fahrzeugen und Einsatzzwecken gewisse Überschneidungen mit Baufahrzeugen gibt, kommen auch Reifen aus diesem Bereich zum Einsatz.  


Feldspritzen

Selbstfahrend oder als Anhänger
Leao radial: LR861, LR9000
Ascenso radial: TDR800, TDR900

Feldspritzen werden saisonal eingesetzt bei Pflanzenschutz und Düngung. Die Reifenbreiten (und die -teilweise verstellbaren- Spurweiten der Fahrzeuge) werden dabei den zu bearbeitenden Kulturen angepasst. 


Neben der Form als Anbaugerät für den Traktor gibt es Spritzen auch als Anhänger oder als selbstfahrende Maschinen. Deren sog. Pflegeräder zeichnen sich aus durch schmale Laufflächen und große Felgendurchmesser – dies ermöglich das schonende Überfahren von Pflanzen, bzw. die Einhaltung der zum Sprühen nötigen Abstände und es sorgt für eine sehr charakteristische Optik der Maschinen. Die Reifen müssen trotz ihrer schmalen Bauart hohe Tragfähigkeiten besitzen, um das Mitführen eines möglichst großen Materialvolumens zu ermöglichen und die Profile sollen sowohl Traktion haben, als auch schonend zum Untergrund sein – je geringer die Bodenverdichtung und die Beeinträchtigung der jungen Pflanzen, desto höher die Erträge. 


Wie wählt man nun also den richtigen Reifen aus?


Wir hoffen, Ihnen mit dieser - wie gesagt sicherlich nicht vollständigen - Aufstellung einen ersten Überblick zum Thema Landwirtschaftsreifen und eine Orientierung innerhalb des Kernsortiments von ML Reifen gegeben zu haben. Die Auswahl des richtigen Reifens ist von vielen Faktoren beeinflusst und daher nicht einfach in einem Text abzuhandeln, sondern sollte sich am Einsatzzweck, der Maschine und den Wünschen des Kunden orientieren. Dies ist am ehesten in einem persönlichen Gespräch zu klären.

Deshalb: bei Fragen, Anregungen oder Kaufinteresse rufen Sie uns doch gerne einfach an!