LKW Reifen – Besonderheiten und Auswahlkriterien


Im Transportwesen und hier speziell im LKW Verkehr zählen Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Effizienz. Nicht zuletzt, weil sich das Lagerhaus Europas längst auf dessen Straßen befindet: die moderne just-in-time-Produktion hat die Lagerhaltung in vielen Industrien nahezu vollständig abgelöst – Rohstoffe, Einzelteile oder Baugruppen müssen „einfach“ zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein. Eine Aufgabe, die in letzter Konsequenz nur durch den Einsatz von LKW erfüllt werden kann. Dazu kommt ein Wandel im Kaufverhalten von Konsumenten: statt vor Ort einzukaufen, wird im Internet bestellt, natürlich auch in Erwartung einer möglichst schnellen Lieferung. So oder so kommt die Ware entweder zum Händler oder direkt zum Käufer – fast immer per (L)LKW. Entsprechend steigen die Fahrleistungen (Anzahl der Fahrten, Gesamtkilometer, transportierte Gesamtlast, bzw. Tonnenkilometer) von LKW kontinuierlich an. Da LKW kaum größer oder schneller werden können als sie es bereits sind, wird diese Mehrleistung vor allem über eine steigende Anzahl an Fahrzeugen und deren möglichst effektive Auslastung realisiert.

Und diese stetig wachsende Fahrzeugflotte benötigt ein entscheidendes Verschleißteil: Reifen. Allein in Deutschland werden jährlich ca. 2 Millionen LKW Neureifen im Ersatzgeschäft montiert. An LKW Reifen werden dabei besondere Anforderungen gestellt: sie sollen hohe Lasten tragen, ein sicheres und komfortables Fahren ermöglichen, lange halten, mit geringer Geräuschentwicklung, niedrigem Rollwiderstand und Langlebigkeit die Umwelt geringstmöglich belasten und vor allem: sie müssen wirtschaftlich sein. Der Preisdruck im Güterverkehr ist groß und Reifen sind ein signifikanter Kostenfaktor, sodass Kraftstoffeinsparungen, günstige Einstandspreise oder De-minimis Fördermöglichkeiten mitentscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg eines Transportunternehmens sind.

Beim Thema Ressourcenschonung und Wirtschaftlichkeit nicht unerwähnt bleiben sollen die Möglichkeiten der Runderneuerung und des Nachschneidens von LKW Reifen (übrigens grundsätzlich auch bei den Reifen in unserem Sortiment möglich): beim Runderneuern werden gebrauchte, abgefahrene Karkassen in verschiedenen Verfahren mit neuen Laufstreifen belegt und somit wieder einsatzfähig gemacht. Dieses Verfahren gibt es als Kaltrunderneuerung (der Karkasse wird ein neues Profil „aufgeklebt“) oder als Heißrunderneuerung (der Karkasse wird ein neues Profil und ggf. Seitenwand „aufvulkanisiert“), die Qualität des Ergebnisses hängt stark vom eingesetzten Verfahren und dem Ausgangsmaterial, also der Karkasse ab. Die Ressourcenschonung und Wirtschaftlichkeit von Reifenrunderneuerungen ergeben sich vor allem durch die Wieder- und Weiterverwendung eines großen Anteils der Reifenbestandteile.
Ähnlich ist es beim Nachschneiden: ist ein LKW Reifen abgefahren, kann man das Profil -wenn der Reifen entsprechend konstruiert ist- nachschneiden und so seine Lebenszeit verlängern. Bei besonders hochwertigen Verfahren und Karkassen können Runderneuerung und Nachschneiden auch kombiniert und einem Reifen so ein zweites, drittes oder viertes „Leben“ gegeben werden.

Auch wenn LKW Reifen auf den ersten Blick „alle gleich aussehen“, so sind sie im Detail doch so vielfältig wie die Fahrzeuge, denen sie den Kontakt zur Straße geben. Das fängt bei der Größe der LKW an: grob eingeteilt spricht man von LLKW („leicht“ LKW) bei Fahrzeugen bis 7,5t Gesamtmasse, mittelschweren LKW bis 18t und schwere LKW können 40t oder mehr erreichen. Weiterhin unterscheidet man noch anhand der Entfernungen und der Untergründe, auf denen die Fahrzeuge fahren: der LKW, der im internationalen Fernverkehr Waren auf Schnellstraßen transportiert, ist anders aufgebaut als der Laster, der an einer schwer zugänglichen Baugrube Sand abkippt oder der einen Tieflader mit Schwerlast zieht. So unterscheidet man beispielsweise zwischen Fernverkehr, Regionalverkehr, Baustellenverkehr oder Kommunalverkehr, letzteres schließt vor allem Bussen und Müllfahrzeuge ein. Den verschiedenen Größen- und Gewichtsklassen von LKW lassen sich unterschiedliche Reifendurchmesser zuordnen: 17.5, 19.5 und 22.5 Zoll sind die gängigsten Maße, die es natürlich in verschiedenen Breiten und Querschnitten gibt. Den unterschiedlichen Untergründen tragen die Reifenhersteller u.a. durch besondere Profilgestaltungen Rechnung. Weiterhin unterscheidet man -anders als z.B. bei PKW-  LKW Reifen noch anhand der Achspositionen: LKW haben meist unterschiedliche Reifen auf der Lenk- oder Antriebsachse und Reifen von Anhängern sind wieder anders gestaltet.

Neben den Größen und Profilen gibt es weitere wichtige Auswahlkriterien. Für den jeweiligen Einsatzzweck benötigen LKW Reifen die korrekte Betriebskennung, d.h. die Tragfähigkeitskennzahl (load index) und Geschwindigkeitskennzahl (speed Index) der Reifen müssen zum Fahrzeug passen – aufgrund höherer Vorderachslasten von Euro 6 Zugmaschinen werden beispielsweise oft Reifen mit höheren Tragfähigkeiten benötigt als noch bei früheren Fahrzeuggenerationen. Auch bei Aufliegern ist ein trend zu höheren Achslasten zu erkennen, denen die Reifenhersteller speziell bei der Größe 385/65R22.5 mit einem erhöhten Lastindex von 164 Rechnung tragen. Dadurch erhöht sich die Achslast von 9 auf 10t, was beispielsweise bei zweiachsigen Aufliegern eine bessere Kapazitätsausnutzung ermöglicht oder im Schwerlastverkehr Sicherheitsreserven bringt. Generell sind Reifen für Anhänger/Auflieger/Tieflader meist an höheren Lastindizies, bzw. der Geschwindigkeitskennung J zu erkennen. LKW Reifen besitzen häufig mehr als einen LI/SI – je nach Einsatz, z.B. im Betrieb als Zwillingsrad, oder je nach Fahrzeugtyp können unterschiedliche Betriebskennungen relevant sein.

Ebenfalls wichtig zu beachten sind bei LKW Reifen die Werte und Kennungen des EU-Reifenlabels: das label gibt -vergleichbar mit den von elektrischen Haushaltsgeräten bekannten Aufklebern- Auskunft über den Rollwiderstand, die Nasshaftung, die Geräuschemission und die Wintereignung von Reifen. Die Nasshaftung ist wichtig für die Fahrsicherheit (Nassbremsweg), die Geräuschemission beziffert die Außenlautstärke in Dezibel und der Rollwiderstand wirkt sich direkt auf den Dieselverbrauch aus – vor allem auf LKW, die im Fernverkehr hohe Kilometerleistungen erbringen, kann ein rollwiderstandsoptimierter Reifen für deutliche Kraftstoffeinsparungen sorgen. Die Winterkennung von Reifen ist wichtig, da in Deutschland und Nordeuropa auf LKW Lenk- und Antriebsachsen Reifen mit Wintereignung -zu erkennen am Schneeflockensymbol 3PMSF (3 peak mountain snowflake)- vorgeschrieben sind, sobald das Fahrzeug in winterlichen Bedingungen eingesetzt wird.
Diese Kennungen sind also einerseits technisch relevant, da sie eine gewisse Unterscheidung von Qualitätsklassen der oft sehr ähnlich aussehenden Reifen erlauben, sie sind aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht wichtig, da sich die De-minimis Förderfähigkeit von Reifen daran orientiert. De-minimis ist ein Förderprogramm der EU, über das u.a. LKW Halter Kompensationszahlungen für die LKW Maut erhalten können. Die Berechtigungen für diese Fördermittel können für verschiedene Ausgaben geltend gemacht werden und im Speditionsbereich sind Reifen dafür sehr beliebt. Wie wird über die De-minimis Förderung von LKW Reifen entschieden? Der Gesetzgeber möchte in erster Linie Reifen fördern, die besonders sicher und/oder besonders ressourcenschonend sind – dementsprechend sind Neureifen förderberechtigt, die sehr leise und/oder sehr kraftstoffsparend sind oder die eine 3PMSF Kennung für den Winterbetrieb haben, auch wenn diese für den Einsatzzweck nicht vorgeschrieben ist (3PMSF auf Anhängern). Die Möglichkeit und Höhe der Förderungen geht aus den aktuellen Förderrichtlinien und den besagten labelwerten der Reifen hervor. Die Förderfähigkeiten der bei ML Reifen geführten LKW Reifenmarken Leao und RoadX sind in unseren Broschüren markiert, wodurch sich ein schneller Überblick zu dem Thema ergibt. Bei den Details oder Fragen zur Förderung von Reifen nach De-minimis helfen wir Ihnen natürlich gerne.

Ebenso möchten wir Ihnen mit diesem Text einen Überblick und Auswahlhilfe für unsere LKW Marken geben – ergänzend zum technischen Handbuch für Leao LKW Reifen und zur Produktübersicht Leao und RoadX LKW, die Sie bei uns erhalten, bzw. auf unserer Website in digitaler Form finden können.
Nachfolgend eine Übersicht über unsere Leao und RoadX LKW Profile, sortiert nach Achsposition und Einsatzzweck:

Lenkachse


Fernverkehr: Leao ETS100, RoadX DX670
Regionalverkehr: Leao KLT200, KLS200, AFL866, LLA78, KTS300, F820, F860, T820, A928, F830, LLF26, LLF06, RoadX RH621
Baustelle/all position: Leao A908, A918, LLA08, LLA01, KMA400
Lenkachsreifen übertragen die Lenk- und Bremskräfte des LKW auf die Straße. Hierbei sind hohe Richtungsstabilität für guten Geradeauslauf sowie sichere Kurvenfahrten, Aquaplaningsicherheit und kurze Bremswege gefragt. Zudem werden diese Reifen auch auf Nachlauf- oder Liftachsen verwendet und in manchen Größen gibt es -durch die oft sehr ähnlichen Profile und die entsprechenden Betriebskennungen- auch Einsatzmöglichkeiten auf Trailern. Das Profil von Lenkachsreifen weist oft Längsrillen (für gute Wasserverdrängung) und hohe Positivanteile auf und ist nur bei Baustellenfahrzeugen etwas gröber. Lenkachsreifen müssen hohe Sicherheitsreserven bieten, da ein plötzlicher Reifenschaden an der Vorderachse eines LKW tendenziell gefährlicher ist als auf anderen Achspositionen. Lenkachsreifen besitzen daher oft besonders stabile Reifenschultern, hochwertige Karkassen und bestehen aus Gummimischungen, die eine geringe Wärmeentwicklung begünstigen – gerade im Fernverkehr ist die Hitzeentwicklung von LKW Reifen ein sicherheitsrelevantes Thema, das sich auch auf die Haltbarkeit und damit Wirtschaftlichkeit der Reifen auswirkt.
Vorderachsreifen müssen seit einiger Zeit auch in Deutschland eine 3PMSF Kennung besitzen, wenn sie in winterlichen Bedingungen gefahren werden sollen - andernfalls drohen Bußgelder. Für aktuellere Fahrzeuge (Euro 6 LKW) sind häufig Reifen mit erhöhten Tragfähigkeiten nötig. Im Baustellenbereich sind auch LKW mit Allradantrieb gebräuchlich, dabei übertragen die Reifen der vorderen Achse(n) zusätzlich auch Antriebskräfte und müssen entsprechend grip haben. Steinauswerfer im Profilgrund erhöhen -nicht nur auf Baustellen- die Widerstandsfähigkeit von Lenkachsreifen.

Antriebsachse


Fernverkehr: Leao EDT100, RoadX HD780
Regionalverkehr: Leao KLD200, D905, KTD300, ADL831, RoadX RT785
Baustelle/all position: D960, KMD406, A908, A918, LLA08, LLA01, KMA400
Die Antriebsachse von LKW sorgt nicht nur für den Vortrieb und trägt im beladenen Zustand die höchste Last der Zugmaschine, sondern sie muss -bei Einsatz eines Retarders- auch einen großen Teil der Bremskräfte eines Lastzuges auf die Straße bringen. Retarder werden bei modernen LKW immer stärker, was die Reifenkonstrukteure vor wachsende Herausforderungen stellt. Um eine möglichst große Aufstandsfläche zu realisieren, werden die Antriebsräder von LKW als Zwillinge montiert, also mit vier Reifen pro Achse.  Die Profile sind gröber und auch breiter ausgeführt als bei den auf Lenkachsen oder Trailern montierten Reifen, was zur nötigen Traktion und Widerstandsfähigkeit führt. Antriebsreifen für Baustellen LKW haben besonders grobe Profilstollen, um den Vortrieb auch mit schweren Ladungen und abseits der Straße sicherzustellen. Zudem bieten diese Stollen in Kombination mit entsprechend schnittfesten Gummimischungen auch einen verbesserten Schutz vor Ein- oder Anfahrschäden.
Die Winterkennung 3PMSF ist bei Antriebsreifen gesetzlich vorgeschrieben, um auch bei Eis und Schnee das Vorankommen und die bestmögliche Fahrsicherheit zu gewährleisten.


Anhänger


Fernverkehr: Leao T820, T830, ETT100, RoadX DX670
Regionalverkehr: Leao KLT200, A928, LLA28, AFL866, AFL827, LLF26, F820, D905, ADL931, RoadX RH621
Baustelle: Leao A938, LLA38, KXA400, KMA400, RoadX DX776
Anhängerreifen müssen hohe Lasten tragen und sind -speziell im regionalen Verteilerverkehr- bei Wende- und Rangiermanövern hohen Scherkräften, also seitlich wirkenden Belastungen, ausgesetzt. Immer wenn starre Achsen enge Radien fahren, werden die Reifen mehr oder weniger über den Untergrund gezogen – je weiter die Achse vom Drehpunkt entfernt ist, desto stärker die seitlich auf den Reifen wirkenden Kräfte - mitlenkende Achsen schaffen hier ggf. Abhilfe. Reifen für LKW Anhänger müssen besonders robust konstruiert sein: sie sollen hohe Temperaturen verkraften, möglichst gleichmäßig verschleißen, durch geringen Rollwiderstand einen möglichst niedrigen Anteil am Kraftstoffverbrauch haben und sie sollen durch einen runden Lauf wenig Unruhe in den Anhänger bringen. Bei der Konstruktion liegt der Schwerpunkt daher auf widerstandsfähigen Karkassen, leicht und kühl laufenden Profilen und starken Schultern. Manche Trailerreifen besitzen eine FRT (free rolling tire) Kennzeichnung und dürfen damit nicht auf lenkbaren oder angetriebenen Achsen verwendet werden. Für den Baustellenbereich gibt es spezielle Anhängerreifen, die neben nochmals verstärkten Gummimischungen starke Stollen oder Profilblöcke und meist auch Steinauswerfer besitzen – auch hier mit dem Ziel größerer Widerstandsfähigkeit gegen Einfahrschäden und erhöhter Fahrsicherheit im losen oder schweren Gelände durch bestmöglichen grip.
Eine Winterkennung ist für LKW Anhängerreifen in Deutschland aktuell nicht vorgeschrieben, dementsprechend ergeben sich für Reifen, welche die 3PMSF Kennung besitzen und die auf Anhängern eingesetzt werden, besondere De-minimis Fördermöglichkeiten.

Abschließend noch einige Informationen zum Einsatzzweck, abhängig von Fahrleistung und Untergrund: es leuchtet ein, dass ein LKW im Fernverkehr andere Anforderungen an seine Reifen stellt als z.B. ein Bus im städtischen Umfeld oder ein Baustellen LKW. Trotzdem sind die Grenzen fließend: kein LKW fährt nur für tausende Kilometer auf der Autobahn geradeaus, sondern er wird irgendwann am Zielort auch rangieren müssen. Ebenso rangiert ein LKW im regionalen Verteilerverkehr nicht den ganzen Tag nur auf Betriebsgeländen und der LKW im Baustellenbetrieb befährt immer auch befestigte Straßen. Jeder Reifen für eine bestimmte Fahrzeugart muss also vielseitige Qualitäten besitzen. Bei der Unterscheidung der Einsatzzwecke nach Untergrund geht es vor allem darum, die Besonderheiten der Umgebung, bzw. des Untergrunds zu kennen und bei der Reifenwahl zu berücksichtigen: im Fernverkehr sind das hohe Laufleistungen und entsprechend hohe Temperaturen durch vergleichsweise schnelle und lange Etappen. Im Regionalverkehr ist das der höhere Rangieranteil und entsprechend auch die Gefahr von Anfahrschäden. Im Baustellenbetrieb drohen Schnittverletzungen der Reifen – oft erreichen schwer in Anspruch genommene Reifen auf Baustellen LKW nur vergleichsweise geringe Kilometerleistungen – dem Wunsch nach einem gleichmäßigen Verschleiß stehen die häufiger auftretenden äußerlichen Beschädigungen gegenüber. Darum wird man gerade hier eher auf günstige Reifen setzen. Im urbanen Umfeld auf Bussen oder Kommunalfahrzeugen bewältigen die Reifen viel stop-and-go-Verkehr, auch daran müssen sie konstruktiv angepasst sein. Dazu droht Gefahr durch Anfahrschäden an Bordsteinen – Busreifen sind daher mit speziell verstärkten Flanken, sog. Scheuerleisten und mit besonderen Verschleißindikatoren ausgestattet.


Wir helfen Ihnen bei der Auswahl

Sie sehen: bei der Auswahl des richtigen LKW Reifens gibt es einiges zu beachten – gerne unterstützen wir Sie dabei!